Gibt's fette Äcker, saft'ges Gras,
auch Wald und firische Quellen?
Ob auch der Boden fruchtbar ward
vom Blute der Rebellen?
Und ob das Volk, das biedere Volk
sein Glück darauf gefunden,
wie ich es will, so brav und still
wie Vieh, ins Joch gebunden?"
"Wales ist fürwahr der schönste Stein
in deiner Königskrone.
Das weite Feld zeigt, gut bestellt,
daß sich die Mühe lohne.
Und auch das Volk, das arme Volk,
lebt glücklich hier, Majestät,
wenn längst auch blind die Hütten sind
und wie die Gräber öd."
Es reitet König Eduard
im Schritt auf seinem Falben.
Wohin er ritt, wohin er schritt,
war Stille allenthalben.
Er kam nach Burg Montgomery,
als schon die Sonne sank.
Montgomery, der Herr der Burg,
kredenzt ihm Speis und Trank.
Und Wild und Fisch kam auf den Tisch,
erlesne Leckerbissen.
Der Diener Schar, wohl hundert gar,
hat schwer dran schleppen müssen.
Und was man fand in diesem Land
für fürstliche Gelüste,
trug man herein, auch Sekt und Wein
von ferner Meeresküste.
"Ihr Herrn, und keiner hebt für mich
sein Glas nach alter Art?
Waliser Hunde seid ihs doch,
kein Hoch für Eduard?
Steht Wild und Fisch auch auf dem Tisch,
was Aug und Mund behagt,
ich sehe hier, daß alle ihr
den Teufel im Herzen tragt.
Elende Hunde seid ihr doch!
Kein Hoch klingt an mein Ohr?
Wo ist, der meine Taten rühmt?
Ein Barde trete vor!"
Die Herren sahn sich schweigend an,
die Gäste jäh erblichen,
auf ihrem Antlitz war der Zorn
der blassen Furcht gewichen.
Die Stimme bricht, das Wort erstickt.
der Atem scheint zu stocken.
Wie eine weiße Taube erhebt
ein Greis sich mit weißen Locken.
"Hier ist, der deine Taten rühmt.
Hör zu", spricht der Ergraute;
Geklirr von Stahl und Todesqual
entlockt er seiner Laute.
"Geklirr von Stahl und Todesqual,
blutrot der Sonne Bahn,
Blutstrom verlockt des Nachts sich das Wild,
König, das hast du getan!
Tausende hast du niedergemäht
wie Garben, Mann neben Mann.
Verzweiflung, Tränen überall,
König, das hast du getan!"
"Auf den Scheiterhaufen! Ein böses Lied!"
Hört man den König schrein.
"Ich wünsche sanfteren Gesang!"
Ein junger Bard tritt ein.
"Es säuselt sanft der Abendwind
her von der Milford-Bucht.
Er bringt der Waisen Jammerschrei:
König, du seist verflucht!
Gehier nicht, Frau, und still kein Kind
zum Sklaven für dies Reich..."
Ein Wink - und er wird abgeführt
mit jenem Greis zugleich.
Doch kühn und ungerufen stellt
ein dritter Sänger sich hin.
Sein Saitenspiel hat Klänge viel,
sein Wort nur einen Sinn:
"Die Besten fielen in der Schlacht -
vernimm das, Eduard -,
es lebt kein Barde, der dich rühmt
nach guter alter Art.
Noch unvergessen brennt der Schmerz,
vernimm das, Eduard.
Ein Fluch auf dich ist jedes Wort,
das hier gesungen ward."
"Das wird man sehn", kam der Befehl,
und alle ringsum erstarrten.
"Auf den Scheiterhaufen mit jedem Rebell,
mit jedem Waliser Barden!"
Und auseinander stob der Troß
mit dem Befehl im Lande.
So spielte sich das Festmahl ab,
Montgomerys Schmach und Schande.
Und Englands König Eduard sprengt
fort auf seinem Falben.
Rundum in Brand das ganze Land,
es lodert allenthalben.
Fünfhundert Barden, jung und alt,
den Scheiterhaufen betraten,
nicht einer war dazu bereit,
zu preisen Eduards Taten.
"Ha, ha, wer schreit? Was für ein Lied
auf Londons Straßen man hört?
Aufhängen laß ich den Lord Mayor,
wenn ein Geräusch mich stört."
Still wird's sofort an jedem Ort
aus Angst vor strengen Strafen.
Den Tod bringt schon ein lauter Ton!
Der König kann nicht schlafen!
"Ha, Pfeifen, Trommeln, Musik herbei
und schmetternde Posaunen!
Laßt nicht das Festgelag von Wales
den Fluch ins Ohr mir raunen!"
Doch über Pfeifen und Trommeln hinweg
und durch das Hörnerklingen
hört man fünfhundert Barden laut
das Lied der Märtyrer singen.
(Annemarie Bostroem)